„Bei der Arbeit erhole ich mich“

Martina Schwarzmann verlässt konsequent die ausgetrampelten Pfade des Humors und geht sicheren Schrittes querfeldein. Die mit zahlreichen Kabarettpreisen ausgezeichnete Oberbayerin nimmt einen mit an Orte, an denen die Gedanken noch nie vorher gewesen sind. Wenn einem doch etwas bekannt vorkommt, kann es gut sein, dass man vielleicht gerade in sich geht und sich selbst wiedererkennt. Die Kabarettistin liebt das Normale, die Poesie des Alltags. Von ihren Auftritten geht man heim mit dem Bauch voller Freude und dem Kopf voller Ideen.


Gerade ist sie mit ihrem dritten Kind schwanger. LUDWIG sprach mit ihr über Kinder, Karriere und darüber, warum es gar nicht so schlecht ist, in der Jugend Außenseiter gewesen zu sein.

 

Du bist beruflich erfolgreich, viel unterwegs – und du hast bald drei Kinder … wie geht das?

 

Mein Mann ist Landwirt, der ist daheim und flexibel … Also am besten sucht man sich einen Mann, der keine Karriere machen will (lacht). Es geht nicht, wenn ich einen Mann habe, der damit ein Problem hat … es gibt ja Männer, die es nicht packen, wenn die Frau mehr verdient zum Beispiel. Also braucht man einen Mann mit einem gesunden Selbstbewusstsein. Und man muss akzeptieren, dass er bestimmte Dinge vielleicht ein bisschen anders handhabt, als man es selber machen würde. Wenn man in der Früh ausschläft, muss man halt akzeptieren, dass das Kind mit einem versauten T-Shirt in den Kindergarten geschickt wird. Das muss mir dann wurscht sein (lacht). Ich bin keine Perfektionistin und deswegen haut das gut hin.

 

Irgendwie geht’s immer …

 

Ja, letztlich haut‘s immer hin. Ich hab noch von keinem gehört, der ein Kind hat und das zweite dann zur Adoption freigegeben hat (lacht). Nach den ersten beiden Schwangerschaften habe ich jeweils acht Wochen Pause gemacht, dann ging’s wieder los. Gestillt hab ich trotzdem beide Kinder. Und man muss das ja so sehen: Ich fahre zum Auftritt, um mich zu erholen. Daheim müsste ich die Kinder ins Bett bringen – nein, ich will nicht Zähne putzen – das ist viel anstrengender, als wenn ich in der Sonne sitz‘, Brotzeit mach‘, ratsch‘ … und dann auf die Bühne geh‘ und Gaudi hab‘ mit dem Publikum. Und wenn ich mal ein paar Tage am Stück unterwegs bin, dann habe ich die Kinder dabei – und meinen Mann oder eine Freundin als Babysitter.

 

Dein aktuelles Programm heißt „Gscheid gfreit“. Kannst du dich jeden Tag gscheid gfrein?

 

Ja, auf jeden Fall. Grad, wenn man Kinder hat, findet man jeden Tag was, über das man sich freuen kann. Gscheid ärgern auch, aber genauso gscheid frein (lacht). Doch, ich finde immer das Schöne.

 

Immer lustig sein stelle ich mir anstrengend vor. Bist du im Ausgleich dazu daheim auch mal recht zwieda?

 

Nein, mir macht es einfach nur Spaß, wenn die Leute unten vor der Bühne eine Gaudi haben. Es ist für mich das Höchste, wenn’s das Publikum zerreißt, wenn die nach dem Auftritt halb abgschminkt sind … Das ist überhaupt nicht anstrengend. Und ich bin auch daheim eigentlich nicht zwieda. Klar, wenn mich die Kinder den ganzen Tag ärgern und dann fällt mir noch eine Flasche runter und ich muss in fünf Minuten los – natürlich schreie ich dann vielleicht mal kurz unschöne Sachen (lacht), aber eigentlich ...

 

Wenn du mal einen schlechten Tag hast … Ist es nicht schwierig, dann auf der Bühne lustig zu sein?

 

Nein, das hilft auch. Ein guter Freund von mir ist tödlich verunglückt und ich hab zwei Tage später einen Auftritt gehabt. Da muss ich mich zusammenreißen und dann hilft mir das. Ich hab ja selber auf der Bühne nicht die Riesen-Gaudi. Freilich freu ich mich, aber es ist ja nicht so, dass ich sehr viel lache auf der Bühne. Die anderen lachen, ich bin ja eher ruhig und sachlich (lacht).

 

Hattest du schon immer diese kabarettistische Ader?

 

Ja, immer. Wenn man zurückschaut, dann schon. Ich hab mit 5 schon immer unpassende Kommentare losgelassen, so dass sich die Mama geschämt hat. Ich war auch immer ein bisschen der Klassenclown, aber nur wegen fehlender Anerkennung. Hab mir gedacht, dass ich mir auf diesem Gebiet vielleicht ein bisschen Zuneigung erarbeiten könnte, hat aber auch nicht so hingehauen.

 

Du warst aber schon ein beliebtes Kind, oder?

 

Nein, ich war ein Außenseiter. Ich hab einfach nicht dazugehört. Ich hab nichts von dem gehabt, was einen cool macht. Kein gscheids Gwand, und ich musste immer heim in den Stall zum Arbeiten und so einen Schmarrn. In der Schule hab ich gar nicht dazugehört. Erst später dann, so mit 16, als ich mir meine Spezln selber aussuchen konnte.

 

Du wirkst heute so selbstbewusst, hast du das erst lernen müssen?

 

Im Nachhinein ist es ein großer Segen, wenn man nicht dem Haufen nachläuft, weil man sich dann schon in der Kindheit und Jugend viele Gedanken macht, weil man Zeit hat und einen Grund zum Nachdenken – alle laufen sie dem Haufen nach und mich lassen sie nicht mitkommen, an was liegt das? – Und da denkt man dann halt auch viel über andere Sachen nach und kommt auch auf viele Dinge. Und die, die früher dem Haufen nachgelaufen sind, die tun das heute noch. Das ist aber nicht ihr eigenes Leben, sondern eins, von dem sie halt meinen, dass es ihres ist.

 

Stört dein Beruf dein Sozialleben? Ist dein Umfeld besonders vorsichtig mit Äußerungen, weil du sie in deinem Programm verwenden könntest?

 

Nein, im Freundeskreis merke ich da gar nichts. Aber ich merke es oft bei Leuten, die ich nicht so gut kenne. Wenn irgendwo ein Fest ist und da sitzt dann einen Tisch weiter einer, der dann ganz laut Witze erzählt … Da weiß ich dann schon, dass ich die hören soll.

 

Sind Menschen beleidigt, wenn sie sich in deinem Programm wiedererkennen?

 

Die erkennen sich nicht wieder. Die lachen sich kaputt und meinen, ja, über was für einen Depp redet die da. Die meisten Leute sind nicht so reflektiert, dass sie erkennen, dass man sie meint.

 

Interview von: Andrea Schmiedl Fotos: www.huckleberryking.com